EWW - Fit bleiben für die Zukunft

EWW - Fit bleiben für die Zukunft

Fit bleiben für die Zukunft im Wettbewerb

Der Gemeinderat Wettingen will die rechtliche Organisation des Elektrizitäts- und Wasserwerks Wettingen (EWW) an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Denn das EWW wird in Zukunft stärker dem Wettbewerb ausgesetzt sein und an Mitbewerbern gemessen. Als gemeindeeigene Aktiengesellschaft soll das EWW mehr unternehmerischen Spielraum erhalten, ohne dass die Gemeinde die Fäden aus der Hand gibt.

Dr. Markus Dieth, Gemeindeammann: "Um mit den veränderten Rahmenbedingungen in der Energieversorgung mithalten zu können, soll das EWW von einer unselbstständigen Verwaltungsabteilung zu einer Aktiengesellschaft werden, die zu 100% der Gemeinde Wettingen gehört." Dies beantragt der Gemeinderat dem Einwohnerrat an der Sitzung vom 17. März 2016. Stimmt der Einwohnerrat zu, befinden am 5. Juni 2016 die Stimmberechtigten über die Vorlage. "Die neue Rechtsform ist Voraussetzung dafür, dass das EWW auch in Zukunft eine gute Energie- und Wasserversorgung zu bestmöglichen Konditionen für die Gemeinde, Bürger, Gewerbe- und Privatkunden sicherstellen kann", so Dieth.

Der Markt verändert sich, mehr Konkurrenz fürs EWW

Hintergrund sind im Wesentlichen der zunehmende Wettbewerb, stärkere Regulierungen, die Energiewende und der technische Fortschritt. Diese Faktoren verändern den Energiemarkt fundamental. Bereits heute können Grosskunden aus Wettingen ihren Strom bei einem beliebigen Anbieter beziehen. Weitere Liberalisierungsschritte sehen vor, dass dies für alle Kunden möglich wird. Wie z.B. den Mobilfunkanbieter lässt sich also bald auch der Stromlieferant frei wählen. Gleichzeitig plant die Energiebehörde des Bundes (ElCom) zahlreiche Kontrollmassnahmen, die das Elektrizitäts- und Wasserwerk Wettingen strengen Vergleichskriterien mit anderen Anbietern aussetzt. Für das EWW wird es zunehmend schwierig, mit der trägen Rechtsform als Verwaltungseinheit in diesem neuen Umfeld Schritt zu halten. So sind bereits heute von den zehn grössten Stadt- und Gemeindewerken im Kanton Aargau acht (80%) als Aktiengesellschaften organisiert, die flexibler und unternehmerischer im Wettbewerb agieren können.

Rechtliche Organisation als Grundlage für gleich lange Spiesse

«Unser EWW hat bis heute mit einer über 100 Jahre alten Rechtsorganisation gut funktioniert», erklärte der zuständige Gemeinderat Roland Kuster am Montag vor den Medien. Deshalb sei womöglich nicht auf den ersten Blick ersichtlich, weshalb die Rechtsformänderung notwendig ist. «Wir müssen die Weichen rechtzeitig richtig stellen, damit das EWW auch in Zukunft eine sichere Versorgung zu attraktiven Konditionen gewährleisten kann.» Überdies sind rechtliche Anpassungen an die geltende Gesetzgebung ohnehin notwendig. Der Gemeinderat sei verpflichtet, die Handlungsfähigkeit des EWW vorausschauend sicherzustellen. «Um als eigenständiger Grundversorger für die Wettigerinnen und Wettiger zu bestehen, braucht das EWW gleich lange Spiesse wie andere Stadt- und Gemeindewerke», betont Roland Kuster.

Gemeinde behält die Fäden in der Hand

Als gemeindeeigene Aktiengesellschaft kann das EWW unternehmerischer arbeiten, ohne dass die Gemeinde die Fäden aus der Hand gibt. Im Unterschied zu einer Privatisierung bleiben die EWW AG und somit auch alle Anlagen zu 100% im Eigentum der Gemeinde. «Ohne Zustimmung des Stimmvolks wird keine einzige Aktie verkauft», sagt Roland Kuster. Änderungen der Besitzverhältnisse oder der Bandbreite der Konzessionsabgabe auf dem Strom bedürfen einer Volksabstimmung. Stärker in die Verantwortung gezogen wird mit der neuen Rechtsform der Gemeinderat: Er legt unter anderem für die Gemeinde die Eigentümerstrategie des EWW fest und wählt jährlich den EWW-Verwaltungsrat als strategisches Organ. Der ebenfalls vom Volk gewählte Einwohnerrat, der die Oberaufsicht über alle Gemeindeorgane hat, kann jederzeit korrigierend einwirken.

Im Unterschied zu heute kann das EWW im neuen Rechtskleid – innerhalb der politisch festgelegten – Strategie rascher und flexibler handeln. Das bedeutet zum Beispiel: «Die Angebote für die Strombeschaffung haben eine Bindefrist von 2 Stunden. Solche Vertragsabschlüsse sind nur mit kurzen Entscheidungswegen möglich. Für Verwaltungskommissions-, Gemeinderats- oder Einwohnerratssitzungen bleibt keine Zeit», sagt EWW-Geschäftsleiter Peter Wiederkehr. Diese Kompetenzen sind notwendig, damit das EWW auch in Zukunft Energie zu bestmöglichen Preisen liefern kann. «Ansonsten besteht die Gefahr, dass Kunden abwandern und Drittanbieter das Geschäft in Wettingen an sich reissen», erklärt Peter Wiederkehr. Im Interesse der Zukunft des EWW müsse die Gemeinde deshalb mit der Zeit gehen.

Versorgungssicherheit, Qualität und attraktive Konditionen gewährleisten

Unmittelbare Auswirkungen auf Mitarbeitende, Kunden und Geschäftspartner des EWW oder beispielsweise auf die Tarife hat die neue Rechtsform nicht. Mittel- und langfristig kommt jedoch allen Beteiligten zugute, dass sie in Zukunft weiterhin auf das gemeindeeigene Unternehmen EWW AG als lokales, attraktives Dienstleistungsunternehmen zählen können. «Eines der Hauptziele der neuen Rechtsform ist es, dass Kunden und Geschäftspartner wie heute vom verlässlichen Partner EWW profitieren können», sagt Gemeinderat Roland Kuster. «Das EWW soll den kommenden Generationen ein Garant für Versorgungssicherheit, Qualität und attraktive Konditionen bleiben.»

Die finanziellen Auswirkungen für die Gemeinde sind marginal. Neu fliessen eine kleine Dividende von jährlich 300'000 Franken sowie Steuereinnahmen von 20'000 Franken vom EWW in die Gemeindekasse. Hingegen führt die neue Rechnungslegung als Aktiengesellschaft zu mehr Transparenz, so dass die Bürgerinnen und Bürger noch besser sehen, wie ihr EWW arbeitet.


Hintergrundinformationen zur Rechtsformänderung des Elektrizitäts- und Wasserwerks Wettingen in die Elektrizitäts- und Wasserwerk Wettingen AG

Das EWW ist heute ein unselbständiger öffentlich-rechtlicher Betrieb der Einwohnergemeinde Wettingen. Mit über 30 Mitarbeitenden versorgt es die Bevölkerung und die Wirtschaft auf dem Gebiet der Einwohnergemeinde Wettingen mit rund 100 GWh Elektrizität und 1.9 Mio. Kubikmeter Wasser. Zusätzlich betreibt es an zentraler Lage in Wettingen ein Elektrofachgeschäft. Im Auftrag der Gemeinde betreibt das EWW die öffentliche Beleuchtung und die öffentlichen Brunnen. Der Umsatz beträgt knapp 20 Mio. Franken.

In den letzten Jahren haben sich die Rahmenbedingungen und Marktverhältnisse in der schweizerischen Elektrizitätswirtschaft grundlegend verändert. Das Elektrizitäts- und Wasserwerk Wettingen (EWW) ist mehr denn je in einem herausfordernden Umfeld tätig und muss sich permanent den veränderten Gegebenheiten des Elektrizitätsmarkts anpassen. Die jüngere Vergangenheit hat gezeigt, dass die aktuelle Rechtsform des EWW als unselbständiger Betrieb ohne eigene Rechtspersönlichkeit strukturelle Wettbewerbsnachteile mit sich bringt.

Der Gemeinderat beantragt dem Einwohnerrat und den Stimmberechtigten eine Rechtsformänderung des EWW in eine gemeindeeigene Aktiengesellschaft. Aus der Sicht des Gemeinderats sprechen insbesondere die Sicherstellung der Handlungs- und Vertragsfähigkeit, die Trennung von politischer und unternehmensstrategischer Führung mit klarer Verantwortlichkeit, die optimierte finanzielle Führung und anerkannte und transparente Rechnungslegung sowie die verbesserte Kooperationsfähigkeit für strategische Weiterentwicklungen für eine Rechtsformänderung.

Mit der Übertragung in eine gemeindeeigene Aktiengesellschaft werden die Voraussetzungen geschaffen, dass das EWW die obgenannten Vorteile im Interesse der Einwohnergemeinde Wettingen realisieren kann. Das EWW als gemeindeeigener Betrieb wird dadurch für die Zukunft mit ihren vielfältigen Herausforderungen entscheidend gestärkt.

Die Rechtsformänderung von einem unselbständigen öffentlich-rechtlichen Betrieb in eine gemeindeeigene selbständige privatrechtliche Aktiengesellschaft hat keine Auswirkungen auf die Stellung der Einwohnergemeinde Wettingen als Eigentümerin und deren zukünftige Energiepolitik. Zur Sicherstellung der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit wird mit der bestgeeigneten Rechtsform der Aktiengesellschaft die Struktur optimiert. Die Änderung der Rechtsform hat nichts mit einer Privatisierung oder sogar mit einem Verkauf des EWW zu tun. Auch hat die Rechtsformänderung keine Auswirkungen auf die für die Kundinnen und Kunden des EWW relevanten Tarife und Preise. Die gesetzlichen Vorgaben gelten unabhängig von der Rechtsform weiter.

Der Beschluss betreffend die Übertragung des Elektrizitäts- und Wasserwerks Wettingen auf eine privatrechtliche Aktiengesellschaft bildet die gesetzliche Grundlage für die zukünftige Aufgabenerfüllung durch die gemeindeeigene Aktiengesellschaft.

Bei Zustimmung des Einwohnerrats und der Stimmberechtigten konkretisiert der Gemeinderat die Rechtsformänderung durch einen Konzessionsvertrag mit Leistungsvereinbarung zwischen der Einwohnergemeinde Wettingen und der zukünftigen Elektrizitäts- und Wasserwerk Wettingen AG und mit den Statuten der zukünftigen Elektrizitäts- und Wasserwerk Wettingen AG.

Den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern der Einwohnergemeinde Wettingen wurde im Jahr 2002 bereits einmal eine Vorlage für eine Rechtsformänderung – im Gegensatz zu heute damals noch mit Stossrichtung „Verselbständigung“ – unterbreitet. Die aktuelle Vorlage unterscheidet sich jedoch in wesentlichen Punkten. Erstens hatten die schweizerischen Elektrizitätsversorger im Jahr 2002 noch ein umfassendes Monopol. In der Zwischenzeit wurde mit der Inkraftsetzung des Stromversorgungsgesetzes der Strommarkt bereits teilweise geöffnet und die Elektrizitätsversorger stehen heute im Wettbewerb zueinander. Zweitens beinhaltete die Vorlage im Jahr 2002 die Möglichkeit für eine teilweise Privatisierung bzw. für den Verkauf von 33 % der Aktien an Dritte durch den Einwohnerrat. Dies ist in der aktuellen Vorlage ausgeschlossen. Die Einwohnergemeinde Wettingen ist Alleinaktionärin der Elektrizitäts- und Wasserwerk Wettingen AG. Eine Veränderung im Aktionariat der Elektrizitäts- und Wasserwerk Wettingen AG unterliegt in jedem Fall der Genehmigung durch die Stimmberechtigten der Einwohnergemeinde Wettingen. Bei der aktuellen Vorlage geht es um eine Rechtsformänderung bzw. um eine Überführung des EWW in eine dem Bedürfnissen des Unternehmens entsprechende Rechtsform.